Mandanteninformation 01/2023
Die EU-Kommission beabsichtigt, Herstellern, Vertreibern und Importeuren von Textilien die erweiterte Herstellerverantwortung für die Sammlung, Sortierung und weitere Entsorgung zuzuweisen. Der Markt für Alttextilien wird dadurch grundlegend neu strukturiert.
Die EU-Kommission hat jüngst ihren Vorschlag für eine Änderung der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) vorgelegt. Der Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung der im Zuge des Green Deal konzipierten EU-Alttextilstrategie. Sollten die Vorschläge in der vorliegenden Form Gesetz werden, würde dies sowohl die Textilindustrie als auch die bereits heute in der Sammlung und Entsorgung von Alttextilien tätigen Unternehmen vor größere regulatorische Herausforderungen stellen.
Denn nach dem Willen der EU-Kommission soll Herstellern, Importeuren und Vertreibern von Textilien ab einer bestimmten Mindestgröße künftig die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für die Sammlung, Sortierung und weitere Entsorgung im Einklang mit der Abfallhierarchie zugewiesen werden. Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung sollen sich die betroffenen Unternehmen an einem System der erweiterten Herstellerverantwortung („producer responsibility organisation“) beteiligen, das insbesondere für die flächendeckende Einrichtung und den Betrieb von Sammelstellen sorgen muss. Die dafür anfallenden Kosten sollen nach der in Verkehr gebrachten Menge sowie unter Berücksichtigung der Umsetzung von Ökodesign-Vorgaben, die noch festzulegen sind, auf die verpflichteten Unternehmen verteilt werden.
Interessant ist, dass die Kommission im Bereich der Alttextilien – anders als bei der jüngst verabschiedeten Novelle der Batterieverordnung und der laufenden Novelle der Verpackungsverordnung – offenbar beabsichtigt, bei der klassischen Rechtsform der Richtlinie zu bleiben. Die Einzelheiten sind deshalb von den Mitgliedstaaten zu regeln, denen dazu eine Umsetzungsfrist von 18 Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie eingeräumt werden soll. Die dabei bestehenden Umsetzungsspielräume auf nationaler Ebene werden die erforderliche Transformation für die überwiegend international aufgestellten Unternehmen nicht einfacher machen. Gleichwohl sollen sollen die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung nach dem Willen der EU-Kommission ihre Arbeit bereits 30 Monate nach dem Inkrafttreten der Richtlinie aufnehmen.
Mit dem EU-Vorschlag werden Regelungskonzepte, die bisher schon bei Stoffströmen wie Batterien, Elektrogeräten und Verpackungen etabliert sind, erstmals auch auf den Textilbereich übertragen. Gegenwärtig bestehen dort noch völlig andere rechtliche und wirtschaftliche Strukturen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sowie gewerbliche und gemeinnützige Sammler mit den bislang nur vereinzelt – auf freiwilliger Basis– bestehenden Rücknahmesystemen im Rahmen der Produktverantwortung um werthaltige Alttextilien konkurrieren. Diese Akteure werden sich unter dem neuen Rechtsrahmen und den damit einhergehenden veränderten Marktstrukturen ebenfalls neu orientieren müssen.
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