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CIRCULAR ECONOMY

Ver­si­on 2 der FAQ der LAGA zur Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung ver­öf­fent­licht; Bay­ern, Rhein­land-Pfalz und ande­re Bun­des­län­der ver­öf­fent­li­chen sepa­ra­te FAQs/Vollzugshinweise

By 3. November 2023Dezember 8th, 2023No Comments

Man­dan­ten­in­for­ma­ti­on 06/2023

Seit dem Inkraft­tre­ten der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung am 01.08.2023 liegt erst­mals ein Regel­werk vor, das die Her­stel­lung mine­ra­li­scher Ersatz­bau­stof­fe und ihren Ein­bau in tech­ni­sche Bau­wer­ke des Tief­baus bun­des­weit ein­heit­lich regelt. Die bun­des­wei­te Gel­tung einer Ver­ord­nung allein führt aber noch nicht zu einem bun­des­weit ein­heit­li­chen Voll­zug und einer ein­heit­li­chen Inter­pre­ta­ti­on der in ihr ent­hal­te­nen Begrif­fe und recht­li­chen Anfor­de­run­gen durch die zustän­di­gen Behör­den in den Bun­des­län­dern. Um einen bun­des­ein­heit­li­chen Voll­zug zu för­dern, hat die Bun­d/Län­der-Arbeits­ge­mein­schaft Abfall (LAGA) einen Aus­le­gungs­leit­fa­den in Gestalt von FAQ („Fre­quent­ly Asked Ques­ti­ons“) her­aus­ge­ge­ben, der nun in einer erneu­er­ten Ver­si­on 2 ver­öf­fent­lich wur­de. Par­al­lel hier­zu haben man­che Bun­des­län­der eige­ne Aus­le­gungs­leit­fä­den ver­öf­fent­licht. Die­se ver­ste­hen sich teil­wei­se als „Lücken­fül­ler“ in Bezug auf Fra­gen, die in der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung selbst nicht adres­siert wur­den. Zum Teil las­sen sich jedoch auch kon­trä­re Auf­fas­sun­gen zwi­schen den Voll­zugs­hin­wei­sen der LAGA und denen der Lan­des­ebe­ne ausmachen.

Am 21.09.2023 ver­öf­fent­lich­te die LAGA eine über­ar­bei­te­te Ver­si­on 2 ihrer Fra­gen und Ant­wor­ten zur Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung. Bereits kurz zuvor, am 31.08.2023, hat­te das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Umwelt (LfU) zusam­men mit dem Baye­ri­schen Staats­mi­nis­te­ri­um für Umwelt und Ver­brau­cher­schutz (StMUV) einen eige­nen Kata­log von Fra­gen und Ant­wor­ten publi­ziert, um – wie es dort heißt – einen mög­lichst ein­heit­li­chen und kla­ren Voll­zug der Ver­ord­nung in Bay­ern zu unterstützen.

Auch ande­re Bun­des­län­der haben Hin­wei­se für den Voll­zug ver­öf­fent­licht. So hat das Lan­des­amt für Umwelt in Rhein­land-Pfalz im Juli 2023 eige­ne FAQs zur Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung ver­öf­fent­licht und das Saar­land bereits im Mai 2023 Aus­le­gungs­hin­wei­se und Über­gangs­re­ge­lun­gen. Das Minis­te­ri­um für Umwelt, Natur­schutz und Ver­kehr des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len hat mit Erlass vom 27.07.2023 die zustän­di­gen Behör­den des Lan­des um Berück­sich­ti­gung der LAGA-FAQs in der jeweils aktu­el­len Ver­si­on bei abfall‑, boden- oder was­ser­recht­li­chen Voll­zugs­fra­gen betref­fend die Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung gebe­ten, for­mu­liert in die­sem Rah­men aber auch über die LAGA-Aus­sa­gen hin­aus­wei­sen­de Hin­wei­se für den Voll­zug. Der nord­rhein-west­fä­li­sche Erlass vom 27.07.2023 ergänzt dabei den frü­he­ren Erlass vom 26.10.2022.

Zur recht­li­chen Bedeu­tung von Voll­zugs­hin­wei­sen und FAQs

Aus recht­li­cher Sicht kommt den von der LAGA ver­öf­fent­lich­ten Aus­le­gungs­hin­wei­sen in Gestalt der FAQ Ver­si­on 2 kei­ner­lei recht­li­che Ver­bind­lich­keit zu. Voll­zugs­hin­wei­se der LAGA sind – wie das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt bereits in sei­ner berühm­ten Ton­gru­ben­ent­schei­dung klar­ge­stellt hat­te – nicht mehr als die Äuße­run­gen eines fach­kun­di­gen Gre­mi­ums.  Eine Ver­pflich­tung zur Beach­tung der in den FAQ nie­der­ge­leg­ten Inter­pre­ta­tio­nen der bun­des­recht­li­chen Rege­lung der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung durch die jewei­li­gen Lan­des­be­hör­den folgt hier­aus nicht.

Sofern – wie nun im Fall von NRW – ein­zel­ne Lan­des­mi­nis­te­ri­en die für den Voll­zug der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung zustän­di­gen Lan­des­be­hör­den zur Beach­tung der FAQ der LAGA auf­for­dern, kann dem aber eine zumin­dest mit­tel­ba­re recht­li­che Wir­kung zukom­men. Denn auch wenn Voll­zugs­hin­wei­se recht­lich ledig­lich als ver­wal­tungs­in­ter­ne Anwei­sung im Ver­hält­nis zwi­schen Lan­des­mi­nis­te­ri­um und den zustän­di­gen Behör­den zu ver­ste­hen sind, führt deren Beach­tung gegen­über den Adres­sa­ten der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung (also vor allem den Erzeu­gern und Besit­zern bestimm­ter Abfäl­le und Stof­fe, den Betrei­bern von Auf­be­rei­tungs­an­la­gen und den Ver­wen­dern von mine­ra­li­schen Ersatz­bau­stof­fen im Straßen‑, Erd- und Bahn­bau) zu einer zumin­dest mit­tel­bar-fak­ti­schen Bin­dungs­wir­kung. Die Voll­zugs­hin­wei­se las­sen inso­fern erken­nen, wel­che Aus­le­gung des Regel­werks für die Voll­zugs­be­hör­den als „die rich­ti­ge“ vor­ge­ge­ben wird.

FAQs als „Lücken­fül­ler“ – Das Bei­spiel Ende der Abfalleigenschaft

Die benann­ten Vollzugshinweise/FAQs haben teil­wei­se den Cha­rak­ter von „Lücken­fül­lern“ mit Blick auf Fra­ge­stel­lun­gen, die in der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung selbst bis­lang nicht oder nicht mehr adres­siert wor­den sind.

Ein Bei­spiel ist die Fra­ge, ob oder unter wel­chen Umstän­den mine­ra­li­sche Ersatz­bau­stof­fe, die in Über­ein­stim­mung mit den Vor­ga­ben der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung her­ge­stellt wor­den sind, das Ende der Abfall­ei­gen­schaft im Sin­ne von § 5 KrWG errei­chen können.

Die LAGA FAQ Ver­si­on 2 ent­hält zu die­sem The­men­ge­biet über­haupt kei­ne Aus­sa­ge. Dies erscheint kon­se­quent, weil die Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung selbst in der aktu­ell gel­ten­den Fas­sung hier­zu auch schweigt. Denn mit der ers­ten Novel­le der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung vom 13.07.2023 wur­de jeg­li­cher Bezug zum The­ma Ende der Abfall­ei­gen­schaft aus dem Regel­werk gestrichen.

Eine Kon­kre­ti­sie­rung der Anfor­de­run­gen für das Abfal­len­de von mine­ra­li­schen Abfäl­len soll – so die Ankün­di­gun­gen aus der Poli­tik – künf­tig im Rah­men geson­der­ter Abfal­len­de-Ver­ord­nun­gen der Bun­des­re­gie­rung erfol­gen. Ein kon­kre­ter Vor­schlag für eine sol­che Ver­ord­nung liegt bis­lang – soweit ersicht­lich – jedoch nicht vor, soll aber gegen­wär­tig durch das Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­um erar­bei­tet werden.

Offen­bar um die­se Rege­lungs­lü­cke der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung zu schlie­ßen, ent­hal­ten sowohl der Erlass aus Nord­rhein-West­fa­len vom 27.07.2023 als auch die FAQ aus Bay­ern Voll­zugs­hin­wei­se zur Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen mine­ra­li­sche Ersatz­bau­stof­fe das Abfal­len­de errei­chen kön­nen. Die Aus­le­gungs­hin­wei­se aus Nord­rhein-West­fa­len ent­hal­ten dabei den wich­ti­gen – und recht­lich zutref­fen­den – Hin­weis, dass gemäß Ersatz­bau­stoffV güte­über­wacht in Auf­be­rei­tungs­an­la­gen her­ge­stell­te Recy­cling-Bau­stof­fe die­se Anla­gen bereits als Nicht-Abfäl­le ver­las­sen kön­nen, wenn die Kri­te­ri­en in § 5 Abs. 1 KrWG in die­sem Zeit­punkt vor­lie­gen. In die­sem Zusam­men­hang stellt das nord­rhein-west­fä­li­sche Minis­te­ri­um klar, dass die­ses Ergeb­nis – wenn auch „im Ein­zel­fall“ – auch hin­sicht­lich der höher schad­stoff­be­las­te­ten Mate­ri­al­klas­sen RC‑2 und RC‑3 erreich­bar sein soll. Auch die FAQ aus Bay­ern ent­hal­ten eine begrü­ßens­wert deut­li­che Posi­tio­nie­rung, wonach das Errei­chen des Endes der Abfall­ei­gen­schaft für mine­ra­li­sche Ersatz­bau­stof­fe nach Maß­ga­be des § 5 KrWG mög­lich sein muss.

Unter­schied­li­che Posi­tio­nen der Vollzugshinweise/FAQs – Das Bei­spiel des Umlagerungsprivilegs 

Betrach­tet man die Posi­tio­nen der LAGA einer­seits und die der FAQ auf Lan­des­ebe­ne ande­rer­seits, las­sen sich teil­wei­se auch diver­gie­ren­de Vor­ga­ben ausmachen.

Ein Bei­spiel betrifft das Zwi­schen- und Umla­ge­rungs­pri­vi­leg gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) Ersatz­bau­stoffV. Die­ses ist von gro­ßer Bedeu­tung ins­be­son­de­re für Lei­tungs­bau­pro­jek­te im Bereich der Ener­gie­infra­struk­tur, also z.B. für den Aus­bau und die Erhal­tung von Strom- und Gasleitungen.

Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen des Pri­vi­legs vor, gilt die Ersatz­bau­stoffV nicht. Dies bedeu­tet, dass die Bau­fir­men und deren Auf­trag­ge­ber, die mine­ra­li­sche Ersatz­bau­stof­fe beim Lei­tungs­bau ver­wen­den, die Anfor­de­run­gen gemäß Ersatz­bau­stoffV an den Ein­bau nicht beach­ten müs­sen, also u.a. nicht ver­pflich­tet sind, aus­schließ­lich güte­über­wacht her­ge­stell­tes Mate­ri­al ein­zu­bau­en, und z.B. auch nicht dazu ver­pflich­tet sind, die kon­kre­te Beschaf­fen­heit der Grund­was­ser­deck­schicht vor dem Ein­bau zu ermitteln.

Die LAGA FAQ Ver­si­on 2 kommt mit Blick auf sol­che Bau­maß­nah­men zu dem – über­zeu­gen­den – Ergeb­nis, dass Aus­hub, Zwi­schen­la­ge­rung sowie anschlie­ßen­der Wie­der­ein­bau von Boden­ma­te­ri­al inner­halb ein- und der­sel­ben Lei­tungs­bau­maß­nah­me dem Umla­ge­rungs­pri­vi­leg gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) Ersatz­bau­stoffV unter­fällt. Denn zwar sei die Ver­fül­lung von Lei­tungs­grä­ben als Her­stel­lung eines tech­ni­schen Bau­werks zu betrach­ten. Wenn der Wie­der­ein­bau jedoch in räum­li­cher Nähe zum Aus­hub­ort im Rah­men einer Lei­tungs­bau­maß­nah­me erfol­ge (wobei die FAQ kon­kret auf den­sel­ben „Bau­ab­schnitt“ Bezug nimmt), lägen die Vor­aus­set­zun­gen des Umla­ge­rungs­pri­vi­legs gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) Ersatz­bau­stoffV vor, so dass die Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung nicht anwend­bar sei.

Die FAQ Ver­si­on 2 der LAGA lässt aller­dings erken­nen, dass nach der dort ver­tre­te­nen Auf­fas­sung eine vor­he­ri­ge Auf­be­rei­tung des Aus­hub­ma­te­ri­als vor dem Wie­der­ein­bau (also ins­be­son­de­re Sieben/Brechen) die Inan­spruch­nah­me des Umla­ge­rungs­pri­vi­legs prin­zi­pi­ell aus­schlie­ßen soll. Der Teu­fel steckt hier jedoch im Detail. Denn in einer Fuß­no­te lässt die LAGA FAQ Ver­si­on 2 wie­der­um erken­nen, dass für den Fall des Aus­sie­bens allein von Stei­nen oder pflanz­li­chen Bestand­tei­len das Umla­ge­rungs­pri­vi­leg doch gel­ten kön­ne. Erfol­ge jedoch ein Aus­sie­ben von Bau­schutt vor der Wie­der­ein­brin­gung, soll es sich nach Ansicht der LAGA um einen Auf­be­rei­tungs­ver­fah­rens­schritt han­deln, der einer Güte­über­wa­chung bedarf. Die Ersatz­bau­stoffV soll also gelten.

Ein hier­von abwei­chen­der Stand­punkt wird in den FAQ aus Bay­ern ver­tre­ten, wonach eine Auf­be­rei­tung vor Wie­der­ein­bau die Gel­tung des Umla­ge­rungs­pri­vi­legs unter kei­nen Umstän­den aus­schlie­ßen soll, unab­hän­gig davon, wel­che Mate­ria­li­en vor dem Wie­der­ein­bau aus­ge­siebt wer­den. Die Posi­tio­nen der FAQ der LAGA und der­je­ni­gen aus Bay­ern schlie­ßen sich in die­sem pra­xis­wich­ti­gen Punk­te also par­ti­ell aus.

Fazit – Im Zwei­fel ent­schei­den die Gerichte

Die Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung ent­hält – wie ande­re Regel­wer­ke auch – eine Viel­zahl unbe­stimm­ter Rechts­be­grif­fe. Die­se bedür­fen stets einer Aus­le­gung im Ein­zel­fall. Die Voll­zugs­hil­fen der LAGA und die­je­ni­gen der ein­zel­nen Bun­des­län­der ver­su­chen, Unklar­hei­ten zu besei­ti­gen und for­mu­lie­ren Hand­lungs- und Aus­le­gungs­emp­feh­lun­gen für den Voll­zug der Ver­ord­nung durch die nach Lan­des­recht zustän­di­gen Behörden.

Eine recht­lich ver­bind­li­che Kon­kre­ti­sie­rung der auf der Ebe­ne des Ver­ord­nungs­texts ver­blei­ben­den Unge­nau­ig­kei­ten kön­nen sie hin­ge­gen nicht bereit­stel­len. Für die ver­bind­li­che Aus­le­gung und Kon­kre­ti­sie­rung des Regel­werks sind im Zwei­fel nur die Gerich­te zuständig.

Bevor jedoch Gerich­te ent­schei­den, ent­schei­den in der Pra­xis zunächst die zustän­di­gen Behör­den vor Ort. Die von der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung Betrof­fe­nen sind daher in Streit­fäl­len gut bera­ten, ver­blei­ben­de Spiel­räu­me der Ver­ord­nung in ihrem Inter­es­se zu nut­zen und gege­be­nen­falls mit den zustän­di­gen Behör­den über die „rich­ti­ge“ Aus­le­gung zu dis­ku­tie­ren. Im Rah­men sol­cher Dis­kus­sio­nen ist zu erwar­ten, dass die Behör­den­ver­tre­ter sich auf die Inhal­te der LAGA FAQ bzw. auf ent­spre­chen­de Voll­zugs­hin­wei­se auf Lan­des­ebe­ne beru­fen wer­den. Die Adres­sa­ten der Ersatz­bau­stoff­ver­ord­nung soll­ten die Inhal­te die­ser Leit­fä­den daher gut ken­nen und – sofern erfor­der­lich – Gegen­ar­gu­men­te in Stel­lung bringen.

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