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VERGABE

Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­pa­ket – Befrei­ungs­schlag oder Trop­fen auf den hei­ßen Stein?

By 30. Oktober 2024No Comments

Man­dan­ten­in­for­ma­ti­on 15/2024

Mit dem Gesetz zur Trans­for­ma­ti­on des Ver­ga­be­rechts (sog. Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­pa­ket), das jetzt als Refe­ren­ten­ent­wurf vor­liegt, möch­te das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz (BMWK) Ver­ga­be­ver­fah­ren ver­ein­fa­chen, beschleu­ni­gen und digi­ta­li­sie­ren. Gleich­zei­tig möch­te es die öffent­li­che Beschaf­fung sozi­al, öko­lo­gisch und inno­va­tiv aus­rich­ten. Den Refe­ren­ten­ent­wurf hat das BMWK am 30.09.2024 an die Bun­des­res­sorts zur wei­te­ren Abstim­mung übermittelt.

Zen­tra­le Aspek­te des Ent­wurfs sind die Berück­sich­ti­gung von Nach­hal­tig­keit und Kli­ma­schutz sowie die Digi­ta­li­sie­rung der Ver­ga­be­pro­zes­se. Dadurch sol­len nicht nur der Wett­be­werb ver­bes­sert und Inno­va­tio­nen geför­dert, son­dern auch die öffent­li­che Ver­wal­tung ent­las­tet werden.

I. Maß­nah­men zur Ver­ein­fa­chung des Ver­fah­rens und zum Abbau von Bürokratie

Fle­xi­bi­li­sie­rung des Los­grund­sat­zes „mit Augen­maß“ 

Der neue § 97 Abs. 4 S. 2 GWB‑E bzw. § 22 UVgO‑E belas­sen es bei dem Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis von Los- und Gesamt­ver­ga­be. Aller­dings wer­den die Anfor­de­run­gen für eine Gesamt­ver­ga­be erheb­lich gesenkt. Eine Gesamt­ver­ga­be ist nicht mehr nur dann mög­lich, wenn wirt­schaft­li­che oder tech­ni­sche Grün­de dies „erfor­dern“. Viel­mehr dür­fen meh­re­re Teil- oder Fach­lo­se ganz oder teil­wei­se zusam­men ver­ge­ben wer­den, wenn wirt­schaft­li­che, tech­ni­sche oder zeit­li­che Grün­de dies „recht­fer­ti­gen“.

Zeit­li­che Grün­de wer­den als aner­ken­nens­wer­ter Grund für gemein­sa­me Ver­ga­ben ergänzt. Die­se kön­nen pro­jekt-/auf­trags­be­zo­gen auf Sei­ten des Auf­trag­ge­bers begrün­det lie­gen oder auch bei gesell­schaft­lich beson­ders drän­gen­den Vor­ha­ben gege­ben sein. Zudem wird die Begrün­dungs­tie­fe für das Vor­lie­gen eines Grun­des von einem Erfor­der­nis auf ein Recht­fer­ti­gen abge­senkt. An die­se Recht­fer­ti­gung sind laut Geset­zes­be­grün­dung kei­ne zu stren­gen Anfor­de­run­gen zu stellen.

Bereits nach aktu­el­ler Rechts­la­ge steht der Ver­ga­be­stel­le ein wei­ter Beur­tei­lungs­spiel­raum zu, ob sie abwei­chend zur Los­ver­ga­be eine Gesamt­ver­ga­be vor­nimmt. Die­ser Beur­tei­lungs­spiel­raum wird durch die Neu­re­ge­lung erwei­tert. Denk­bar ist, dass etwa eine nicht recht­zei­tig begon­ne­ne Aus­schrei­bung und somit die man­geln­de Rüst­zeit als Grund für eine Gesamt­ver­ga­be her­an­ge­zo­gen wird. Wäh­rend die Ver­fah­rens­ver­ein­fa­chung zu begrü­ßen ist, kön­nen die erwei­ter­ten Aus­nah­men auch kri­tisch gese­hen wer­den, eröff­nen sie doch die Mög­lich­keit der Gesamt­ver­ga­be auch dann, wenn die zeit­li­chen Grün­de aus der Sphä­re der Ver­ga­be­stel­le stammen.

Erleich­te­rung bei öffent­lich-öffent­li­cher Zusammenarbeit

Nach § 108 GWB ist ein öffent­li­cher Auf­trag im Fall der öffent­lich-öffent­li­chen Zusam­men­ar­beit ver­ga­be­rechts­frei. Neu gefasst wird u.a. § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB, wonach das Ver­ga­be­recht kei­ne Anwen­dung fin­det auf einen öffent­li­chen Auf­trag, der eine auf einer gemein­sa­men Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung beru­hen­de Zusam­men­ar­beit zwi­schen den betei­lig­ten öffent­li­chen Auf­trag­ge­bern zur Errei­chung gemein­sa­mer Zie­le begrün­det oder erfüllt. 

Der Haupt­streit­punkt, was einen koope­ra­ti­ven Bei­trag eines kom­mu­na­len Part­ners dar­stellt, bleibt hin­ge­gen bestehen. Dies gilt ins­be­son­de­re für die umstrit­te­ne Fra­ge, ob die rei­ne Ent­gelt­zah­lung oder aber auch Mit­be­stim­mungs­rech­te etwa über einen Auf­sichts­rat sol­che Bei­trä­ge dar­stel­len. In der Geset­zes­be­grün­dung wird aus­ge­führt, dass die Zusam­men­ar­beit auf einem koope­ra­ti­ven Kon­zept beru­hen muss. Dies kön­ne auch dar­in bestehen, dass sämt­li­che Auf­ga­ben unter den öffent­li­chen Auf­trag­ge­bern ver­teilt wer­den und so die Effek­ti­vi­tät der Koope­ra­ti­on gesi­chert wird. Dies spricht dafür, dass auch auf­trags­ähn­li­che Koope­ra­ti­ons­mo­del­le in Zukunft ver­ga­be­rechts­frei zwi­schen öffent­li­chen Auf­trag­ge­bern ver­ein­bart wer­den können.

Ver­ein­fa­chun­gen in der Leistungsbeschreibung

Nach § 121 Abs. 1 S. 1 GWB‑E ist die Leis­tung zwar nach wie vor so ein­deu­tig wie mög­lich zu beschrei­ben, sodass die Beschrei­bung für alle Unter­neh­men im glei­chen Sin­ne ver­ständ­lich ist und die Ange­bo­te mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den kön­nen. Sie muss aller­dings nicht mehr „erschöp­fend“ beschrie­ben wer­den. Es genügt also, wenn der Auf­trag­ge­ber aus­rei­chend Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung stellt, um ver­gleich­ba­re Infor­ma­tio­nen zu erhal­ten. Dane­ben kommt es laut Geset­zes­be­grün­dung nicht dar­auf an, dass der Auf­trag­ge­ber alle Unter­la­gen und Infor­ma­tio­nen, die ihm dar­über hin­aus vor­lie­gen, zur Ver­fü­gung stellt. Begrün­det wird die Ände­rung mit einem gerin­ge­ren Ver­wal­tungs­auf­wand. Zudem sol­len Auf­trag­ge­ber ermu­tigt wer­den, mehr funk­tio­nal aus­zu­schrei­ben, um auch die Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit der Unter­neh­men zu fördern.

Die Ände­rung ist grund­sätz­lich posi­tiv, könn­te jedoch den Trans­pa­renz­grund­satz beein­träch­ti­gen. Zudem wird auch der bereits jetzt begrenz­te Schutz des Bie­ters vor unzu­mut­ba­ren Bedin­gun­gen wei­ter ein­ge­schränkt. Hier­bei geht es um die Fra­ge, wel­che Ver­trags­ri­si­ken dem Auf­trag­neh­mer auf­ge­bür­det wer­den dür­fen. Indem die Leis­tung nicht mehr erschöp­fend zu beschrei­ben ist, muss der Auf­trag­ge­ber sich weni­ger fest­le­gen und kann bei Abwei­chun­gen hier­von nicht mehr zur Ver­ant­wor­tung her­an­ge­zo­gen wer­den. Bei funk­tio­na­len Aus­schrei­bun­gen dürf­ten Abwei­chun­gen im Rah­men der Leis­tungs­er­brin­gung nun­mehr aus­schließ­lich dem Auf­trag­neh­mer zuzu­ord­nen sein. 

Mehr Eigen­erklä­run­gen zur Nachweisführung

Mit § 122 Abs. 3 S. 2 GWB‑E soll die Eigen­erklä­rung ver­mehrt als Mit­tel zur Nach­weis­füh­rung genutzt wer­den kön­nen. Über Eigen­erklä­run­gen hin­aus­ge­hen­de Unter­la­gen sol­len dann im wei­te­ren Ver­lauf des Ver­fah­rens nur von aus­sichts­rei­chen Bewer­bern oder Bie­tern ver­langt wer­den. § 122 Abs. 4 S. 1 GWB‑E regelt zudem, dass Eig­nungs­kri­te­ri­en und Eig­nungs­nach­wei­se mit dem Auf­trags­ge­gen­stand in Ver­bin­dung zu die­sem „sowie dem Auf­trags­wert“ in einem ange­mes­se­nen Ver­hält­nis ste­hen müs­sen und ver­weist expli­zit auf den Grund­satz der Verhältnismäßigkeit.

In § 48 Abs. 2 VgV‑E wird die in § 122 Abs. 3 GWB‑E vor­ge­se­he­ne Ände­rung, über Eigen­erklä­run­gen hin­aus­ge­hen­de Nach­wei­se nur von aus­sichts­rei­chen Bewer­ben anzu­for­dern, wei­ter kon­kre­ti­siert. Gleich­zei­tig wird der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber ver­pflich­tet, in der Auf­trags­be­kannt­ma­chung oder in der Auf­for­de­rung zur Inter­es­sen­be­kun­dung auch anzu­ge­ben, wann wel­che Unter­la­gen ein­ge­reicht wer­den müs­sen. Grund­satz wäre danach, dass mit dem Ange­bot zunächst nur Eigen­erklä­run­gen ein­ge­reicht wer­den müs­sen, wei­te­re Unter­la­gen dage­gen erst auf Aufforderung.

Bemer­kens­wert ist das in § 48 Abs. 2 S. 4 VgV‑E vor­ge­se­he­ne Nach­for­de­rungs­recht. Sofern nach der­zei­ti­ger Rechts­la­ge Unter­la­gen nach Ange­bots­ab­ga­be auf Ver­lan­gen vor­zu­le­gen sind, ist das Ange­bot zwin­gend vom Ver­ga­be­ver­fah­ren aus­zu­schlie­ßen, wenn die­se nicht vor­ge­legt wur­den. Die neue Rege­lung sieht jedoch vor, dass die­ses Recht nun­mehr im Ermes­sen des Auf­trag­ge­bers liegt („kann“), soweit ein erhöh­ter Auf­wand oder sons­ti­ge ver­fah­rens­be­zo­ge­ne Grün­de ent­ge­gen­ste­hen, ohne dass der Auf­trag­ge­ber dies begrün­den müsste.

Nen­nens­wert ist in die­sem Zusam­men­hang noch der § 47 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VgV‑E. Bei der Eig­nungs­lei­he eines kon­zern­ver­bun­de­nen Unter­neh­mens muss kei­ne Ver­pflich­tungs­er­klä­rung mehr vor­ge­legt wer­den. Aus­rei­chend ist ein ent­spre­chen­der Hin­weis auf den Konzernverbund.

Ange­bots­prü­fung vor Eignungsprüfung

§ 42 Abs. 4 VgV‑E (und § 31 UVgO‑E) stellt aus­drück­lich klar, dass bei offe­nen Ver­fah­ren die Ange­bots­prü­fung vor der Eig­nungs­prü­fung erfol­gen soll. Die­ser sog. ver­ein­fach­te Wer­tungs­vor­gang wür­de somit den neu­en Regel­fall in der Prü­fungs­rei­hen­fol­ge dar­stel­len. Damit soll sowohl auf Sei­ten der öffent­li­chen Auf­trag­ge­ber als auch bei den Unter­neh­men Büro­kra­tie abge­baut werden.

Kei­ne Eig­nungs­prü­fung bei bereits fest­ge­stell­ter Eignung

Nach dem neu­en § 35 Abs. 5 UVgO‑E soll es dem Auf­trag­ge­ber bei Ver­ga­be­ver­fah­ren ohne Teil­nah­me­wett­be­werb ermög­licht wer­den, auf die Vor­la­ge von Eig­nungs­nach­wei­sen eines Unter­neh­mens zu ver­zich­ten, wenn des­sen Eig­nung bereits inner­halb eines Jah­res vor der Auf­trags­be­kannt­ma­chung bei einem hin­sicht­lich der Eig­nungs­an­for­de­run­gen ver­gleich­ba­ren Auf­trag vom Auf­trag­ge­ber fest­ge­stellt wur­de. 

Kein Nach­weis der Schlechtleistung

Mit § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB‑E sol­len die Anfor­de­run­gen an den Nach­weis des fakul­ta­ti­ven Aus­schluss­grunds der Schlecht­leis­tung her­ab­ge­setzt wer­den. Danach sind erheb­li­che oder dau­er­haf­te Män­gel bei der Erfül­lung einer wesent­li­chen Anfor­de­rung bei Aus­füh­rung eines öffent­li­chen Auf­trags nicht mehr nach­zu­wei­sen. Viel­mehr ist aus­rei­chend, wenn das Ver­hal­ten des Unter­neh­mens sol­che Män­gel „erken­nen lässt“. 

Ein sol­cher Man­gel könn­te bei­spiels­wei­se schon eine erfolg­te Ersatz­vor­nah­me im Rah­men eines Ver­tra­ges sein. Unter der Neu­re­ge­lung müss­te also noch nicht ein­mal nach­ge­wie­sen wer­den, dass die Ersatz­vor­nah­me nach­weis­lich zutref­fend erfolg­te. Indi­zi­en, die von eini­gem Gewicht sind und auf gesi­cher­ten Erkennt­nis­sen basie­ren, sol­len aus­rei­chend sein. Dies wird damit begrün­det, dass es zum einen dem Wort­laut der ent­spre­chen­den Aus­schluss­grün­de der EU-Ver­ga­be­richt­li­ni­en näher­kommt und zum ande­ren die sub­jek­ti­ven Wer­tungs­kom­po­nen­ten des Auf­trag­ge­bers ein wich­ti­ger Teil für die Ein­schät­zung der Situa­tio­nen der man­gel­haf­ten Erfül­lung sind.

Die Absen­kung der Nach­weis­an­for­de­run­gen ist bedenk­lich. Sie könn­te dazu füh­ren, dass eine Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Auf­trag­neh­mer und Auf­trag­ge­ber bei der Ver­ga­be neu­er Auf­trä­ge sowie auch durch ande­re öffent­li­che Auf­trag­ge­ber aus­ge­nutzt wird, um einen Bie­ter vom Ver­fah­ren aus­zu­schlie­ßen. Es wäre zu begrü­ßen, wenn die Schlecht­leis­tung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB‑E, wie auch bei den Aus­schluss­grün­den des Nr. 1 und Nr. 3, nach­ge­wie­se­ner­ma­ßen erbracht wor­den sein muss. Sub­jek­ti­ve Wer­tungs­kom­po­nen­ten dür­fen bei Aus­schluss­grün­den kei­ne Rol­le spielen.

Kei­ne zwin­gen­de Unwirk­sam­keit bei rechts­wid­ri­gen De-Fac­to Vergaben

Der geplan­te § 135 Abs. 4 GWB‑E sieht vor, dass auf Antrag des Auf­trag­ge­bers oder von Amts wegen ein Ver­trag im Fall einer sog. De-Fac­to Ver­ga­be – also der ver­ga­be­rechts­wid­ri­gen unmit­tel­ba­ren Beauf­tra­gung eines Auf­trag­neh­mers – nicht als von Anfang an unwirk­sam erach­tet wer­den kann, wenn nach Prü­fung aller maß­geb­li­chen Gesichts­punk­te zwin­gen­de Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses es aus­nahms­wei­se recht­fer­ti­gen, die Wir­kung des Ver­tra­ges zu erhal­ten. In die­sem Fall hat die Ver­ga­be­kam­mer oder das Beschwer­de­ge­richt alter­na­ti­ve Sank­tio­nen zur Fest­stel­lung der Unwirk­sam­keit zu erlassen.

Nach der Geset­zes­be­grün­dung lie­gen im All­ge­mein­in­ter­es­se Leis­tun­gen der Daseins­vor­sor­ge, die nicht unter­bro­chen wer­den dür­fen und somit in kaum auf­lös­ba­ren Kon­flikt zur Funk­ti­ons­ge­währ­leis­tungs­pflicht ste­hen. Wirt­schaft­li­che Grün­de dür­fen nur aus­nahms­wei­se her­an­ge­zo­gen wer­den. Bei­spiels­wei­se für den Ent­sor­gungs­be­reich kommt die­sem Aus­nah­me­tat­be­stand erheb­li­che Bedeu­tung zu, weil es sich hier­bei um fort­lau­fend durch­zu­füh­ren­de Leis­tun­gen im Bereich der Daseins­vor­sor­ge han­delt. 

II. Maß­nah­men im Sin­ne einer sozia­len und umwelt­be­zo­ge­nen Beschaffung

Die „neue Zen­tral­norm“ zur nach­hal­ti­gen Beschaf­fung soll § 120a GWB‑E (sowie § 22a UVgO‑E) wer­den. Danach sol­len umwelt­be­zo­ge­ne und sozia­le Kri­te­ri­en bei der Ver­ga­be öffent­li­cher Auf­trä­ge berück­sich­tigt wer­den. Dies gilt zwin­gend („muss“) für Beschaf­fungs­ge­gen­stän­de, die für eine umwelt­be­zo­ge­ne oder sozi­al nach­hal­ti­ge Beschaf­fung beson­ders geeig­net sind.  

Dazu fin­det sich in § 120a Abs. 4 und Abs. 5 GWB‑E die Grund­la­ge für eine Nach­hal­tig­keits­lis­te, also einer von der Bun­des­re­gie­rung mit Zustim­mung des Bun­des­rats erlas­se­nen all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift („AVV“), die Leis­tun­gen auf­lis­tet, die für Beschaf­fun­gen im vor­ge­nann­ten Sin­ne beson­ders geeig­net sind. Abge­run­det wird das Vor­ha­ben durch eine AVV, die Leis­tun­gen auf­zählt, die – außer in Aus­nah­me­fäl­len – nicht beschafft wer­den dür­fen. Damit soll der nega­ti­ven Umwelt­re­le­vanz und den uner­wünsch­ten sozia­len Wir­kun­gen bestimm­ter Leis­tun­gen Rech­nung getra­gen werden.

Erfreu­lich ist, dass öffent­li­che Auf­trag­ge­ber ver­pflich­tet wer­den, min­des­tens ein sozia­les oder ein umwelt­be­zo­ge­nes Kri­te­ri­um bei Ver­ga­ben vor­nehm­lich in der Leis­tungs­be­schrei­bung, wohl durch Min­dest­an­for­de­run­gen, zu berück­sich­ti­gen. Umwelt­kri­te­ri­um ist unter ande­rem der Ein­satz von Abfäl­len oder Rezy­kla­ten. Eini­ge Kri­te­ri­en stam­men aus­weis­lich der Geset­zes­be­grün­dung aus­drück­lich aus § 45 Abs. 2 KrWG. Damit wür­den auch Kom­mu­nen und Län­der als öffent­li­che Auf­trag­ge­ber nach § 45 Abs. 2 KrWG ver­pflich­tet.  Nach­ge­kom­men wer­den kann die­ser Anfor­de­rung auch durch die übri­gen umwelt­be­zo­ge­nen Kri­te­ri­en, etwa durch den gesam­ten Lebens­zy­klus der Ware/Dienstleistung, deren ener­gie­spa­ren­de Erbrin­gung oder auch sozia­le Kriterien.

Per­spek­ti­visch soll­ten die AVV um wei­te­re rele­van­te Leis­tun­gen erwei­tert wer­den. Bes­ser wäre es zudem, wenn sowohl sozia­le als auch umwelt­be­zo­ge­ne Kri­te­ri­en kumu­la­tiv zwin­gend zu beach­ten wären.

III. Maß­nah­men für den Mit­tel­stand und zur Stär­kung von Start-up und Inno­va­ti­on und sons­ti­ge Maßnahmen

Das Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­pa­ket ent­hält dar­über hin­aus Maß­nah­men für den Mit­tel­stand und zur Stär­kung von Start-up und Inno­va­ti­on, etwa in § 97 GWB‑E, wonach Auf­trag­neh­mer bei der Ertei­lung von Unter­auf­trä­gen zur Berück­sich­ti­gung mit­tel­stän­di­scher Inter­es­sen ver­pflich­tet wer­den kön­nen. Nach § 42 Abs. 2 VgV‑E sind bei der Aus­wahl der Eig­nungs­kri­te­ri­en und Eig­nungs­nach­wei­se die beson­de­ren Umstän­de von jun­gen Unter­neh­men zu berück­sich­ti­gen. Als jun­ge Unter­neh­men sol­len nach der Geset­zes­be­grün­dung sol­che Unter­neh­men betrach­tet wer­den, deren Grün­dung nicht län­ger als acht Jah­re zurückliegt.

Mit § 29 Abs. 2 VgV‑E soll – neben der Mög­lich­keit, geeig­ne­te Zah­lungs­mo­da­li­tä­ten zur Berück­sich­ti­gung von jun­gen oder mitt­le­ren Unter­neh­men zu berück­sich­ti­gen – das BMWK ermäch­tigt wer­den, die VOL/B zu über­ar­bei­ten und neu bekannt zu machen. Es ist des­halb davon aus­zu­ge­hen, dass die aus dem Jahr 2003 stam­men­de VOL/B zeit­nah auch über­ar­bei­tet wird. Hier­aus erge­ben sich vie­le Rech­te des Auf­trag­neh­mers, die es bei der Über­ar­bei­tung der VOL/B im Blick zu hal­ten gilt.

Zu den wei­te­ren nen­nens­wer­ten Ände­run­gen gehört eine Ände­rung hin­sicht­lich der Nach­for­de­rung von Unter­la­gen. Der neue § 56 Abs. 2 VgV‑E gibt die bis­he­ri­ge Unter­schei­dung zwi­schen unter­neh­mens- und leis­tungs­be­zo­ge­nen Unter­la­gen auf. Unbe­rührt bleibt dabei, dass leis­tungs­be­zo­ge­ne Unter­la­gen nicht nach­ge­for­dert wer­den, wenn die­se die Wirt­schaft­lich­keits­be­wer­tung betref­fen. Der Ver­zicht auf die­se Unter­schei­dung ist sinn­voll, da eine Unter­schei­dung in der Pra­xis zu Abgren­zungs­schwie­rig­kei­ten führt und somit wei­te­re Rechts­si­cher­heit gewon­nen wird.

Hin­sicht­lich unge­wöhn­lich nied­ri­ger Ange­bo­te sieht § 60 Abs. 3 VgV‑E vor, dass der Auf­trag­ge­ber bei nicht zufrie­den­stel­len­der Auf­klä­rung den Zuschlag ableh­nen „soll“. Nach aktu­el­ler Rechts­la­ge „darf“ er dies tun, wobei die Recht­spre­chung die­ses „darf“ als inten­dier­tes Ermes­sen und somit bereits wie eine Soll-Vor­ga­be gehand­habt hat. Die avi­sier­te Fest­le­gung im Gesetz stärkt das Bie­ter­recht, dass unaus­kömm­li­chen Ange­bo­ten nicht der Zuschlag erteilt wird. 

Neu ist, dass nach § 39 Abs. 5 VgV‑E bestimm­te Ände­run­gen eines bestehen­den Auf­trags nun­mehr bin­nen einer Frist von 30 Tagen nach erfolg­ter Ände­rung im TED bekannt­zu­ge­ben sind. Dadurch wird vor­ge­beugt, dass die­se Ände­run­gen nach Ablauf von sechs Mona­ten nicht mehr ange­grif­fen wer­den können.

IV. Fazit

Das Ver­ga­be­trans­for­ma­ti­ons­pa­ket ist weit mehr als ein Trop­fen auf den hei­ßen Stein. Ob es der pro­kla­mier­te Befrei­ungs­schlag ist, wird vor allem das noch lau­fen­de Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren zei­gen müs­sen. Vie­le auch für den Ent­sor­gungs­be­reich bedeut­sa­me Rege­lun­gen, etwa zur nach­hal­ti­gen Beschaf­fung, der über­fäl­li­gen Digi­ta­li­sie­rung sowie Ver­ein­fa­chung von Ver­fah­ren, sind sinn­voll und kön­nen zusam­men­ge­nom­men durch­aus Durch­schlags­kraft entwickeln.

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