Industrieanlagen und Verfahrensmanagement
Mandanteninformation 1/2022
BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen neu verkündet
Am 30.12.2021 hat die Kommission die BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen im EU-Amtsblatt neu verkündet (ABl. EU L 469/1). Die Folgen der aufsehenerregenden EuG-Entscheidung vom 27.01.2021, mit der die BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen aus dem Jahr 2017 für nichtig erklärt wurden, sind damit geheilt. Das im deutschen Recht jüngst im Juli 2021 in der Verordnung über Großfeuerungsanlagen (sog. 13. BImSchV) und der Verordnung über die Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen (sog. 17. BImSchV) umgesetzte Unionsrecht bleibt bestehen. Wettbewerbsverzerrungen für deutsche Betreiber drohen bis auf Weiteres nicht.
Die BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen konkretisieren die immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht der Betreiber von Feuerungsanlagen nach der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (sog. IE- Richtlinie) ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW. Je nach Art der in der Feuerungsanlage eingesetzten Brennstoffe bzw. Prozesse werden verschiedene Emissionsbandbreiten vorgesehen, die den Stand der Emissionsminderungstechnik repräsentieren und den unionsrechtlichen Maßstab für die Genehmigung und den Betrieb von Großfeuerungsanlagen bilden.
Die Neuverkündung der BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen erfolgte in Anbetracht des aufsehenerregenden Urteils des EuG vom 27.01.2021, Rs. T-699/17, das die bisher in Form des Durchführungsbeschlusses 2017/1442/EU der Kommission vom 31. Juli 2017 rechtsgültigen BVT- Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen wegen eines Verfahrensfehlers (Missachtung der nach einschlägigen Übergangsbestimmungen für die Beschlussfassung erforderlichen sog. qualifizierten Mehrheit) auf eine Klage der Republik Polen hin für nichtig erklärt hatte. Allerdings legte das EuG fest, dass die Wirkungen des angefochten Durchführungsbeschlusses übergangsweise bis zur fehlerfreien Neuverkündung, längstens jedoch bis zum 27.01.2022, aufrecht erhalten bleiben.
Mit dem Durchführungsbeschuss 2021/2326/EU der Kommission vom 30.11.2021, veröffentlicht am 30.12.2021 im EU-Amtsblatt (ABl. EU L 469/1), hat die Kommission nun im Rahmen der vom EuG gesetzten Frist reagiert. Der Durchführungsbeschluss entspricht inhaltlich 1:1 dem Beschluss aus dem Jahr 2017.
In Anbetracht des „deutschen Wegs“ der Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in Rechtsverordnungen, waren aus der Perspektive deutscher Anlagenbetreiber aufgrund des nahenden Fristablaufs zwischenzeitlich Wettbewerbsnachteile zu befürchten. Denn während in anderen Ländern der EU – wie von der IE-Richtlinie durchaus vorgesehen – allein und unmittelbar der Durchführungsbeschluss als Rechtsgrundlage für behördliche Anordnungen gegenüber den Anlagenbetreibern dient (und bei Nichtigkeit schlicht kein Maßstab vorhanden ist), bleiben BVT-Schlussfolgerungen für deutsche Anlagenbetreiber in Form der 13. und 17. BImSchV unabhängig von den Entwicklungen auf europäischer Ebene in der Sache weiter maßgeblich.
Ungeachtet der Frage, ob namentlich die in den BVT-Schlussfolgerungen angegebenen Emissionsbandbreiten in jeder Hinsicht die beste verfügbare Emissionsminderungstechnik repräsentieren, ist durch die fristgerechte 1:1-Neuverkündung zumindest Rechtssicherheit und Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU wiederhergestellt. Abzuwarten bleibt, ob die Neuverkündung erneut beklagt wird. Denn das EuG hatte bislang keinen Grund, die Rechtmäßigkeit der BVT-Schlussfolgerungen inhaltlich zu prüfen. Soweit das Rechtsmittel der Kommission (keine aufschiebende Wirkung, Art. 278 AEUV) gegen das o.g. Urteil beim EuGH Erfolg haben sollte (Rs. C-207/21 P), tritt die Neuverkündung rechtstechnisch wiederum außer Kraft und gilt sodann der alte Beschluss über die BVT für Großfeuerungsanlagen (2017/1442/EU) fort.
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