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VERGABE

Refe­ren­zier­te Leis­tun­gen einer als Eigen­leis­tung ange­bo­te­nen Leis­tung müs­sen auch selbst erbracht wor­den sein

By 13. November 2023Dezember 8th, 2023No Comments

Man­dan­ten­in­for­ma­ti­on 07/2023

Muss ein Bie­ter, der die aus­ge­schrie­be­ne Leis­tung als Eigen­leis­tung anbie­tet, die in den Refe­ren­zen genann­ten Leis­tun­gen auch selbst erbracht haben? Die­se Fra­ge hat­te das Ober­lan­des­ge­richt Düs­sel­dorf in einem bis­lang nicht ver­öf­fent­li­chen Beschluss zu beant­wor­ten (Beschluss vom 14.12.2022 – VII-Verg 11/22).

Sach­ver­halt

Der Auf­trag­ge­ber hat­te euro­pa­weit im offe­nen Ver­fah­ren einen Ver­trag über die Samm­lung und Ver­wer­tung von Alt­tex­ti­li­en aus kom­mu­na­ler Samm­lung aus­ge­schrie­ben. 

Der Bie­ter muss­te zum Nach­weis sei­ner Eig­nung u.a. über Refe­ren­zen über die Erbrin­gung von ver­gleich­ba­ren Leis­tun­gen ver­fü­gen. Als ver­gleich­bar defi­niert waren Leis­tun­gen, bei denen der Bie­ter zumin­dest eine Jah­res­men­ge Alt­tex­ti­li­en in Höhe von 500 Ton­nen pro Jahr über­nom­men, sor­tiert und ver­wer­tet hat.

Nach­dem der Auf­trag­ge­ber erklär­te, der spä­te­ren Bei­gela­de­nen den Zuschlag ertei­len zu wol­len, rüg­te die Antrag­stel­le­rin, dass die Zuschlags­prä­ten­den­tin gar kei­ne Sor­tier­leis­tun­gen durch­füh­ren kön­ne. Die von ihr refe­ren­zier­ten Leis­tun­gen habe sie gar nicht erbracht, sodass die vor­ge­leg­ten Refe­ren­zen nicht den Anfor­de­run­gen ent­sprä­chen. 

Nach erfolg­lo­ser Rüge wies die Ver­ga­be­kam­mer Rhein­land den Nach­prü­fungs­an­trag voll­um­fäng­lich zurück. Dar­auf­hin leg­te die Antrag­stel­le­rin beim OLG Düs­sel­dorf sofor­ti­ge Beschwer­de ein. 

Ent­schei­dung

Das OLG Düs­sel­dorf hob den Beschluss der Ver­ga­be­kam­mer Rhein­land auf und erklärt die sofor­ti­ge Beschwer­de im Hin­blick auf die Eig­nungs­prü­fung für begrün­det. 

Nach den (ord­nungs­ge­mäß) auf­ge­stell­ten Anfor­de­run­gen an die Leis­tungs­fä­hig­keit müs­sen die Bie­ter bei Ange­bots­ab­ga­be Refe­ren­zen über die Erbrin­gung von ver­gleich­ba­ren Leis­tun­gen vor­le­gen. Aus der maß­geb­li­chen Sicht eines durch­schnitt­li­chen und ver­stän­di­gen Bie­ters, der mit der­ar­ti­gen Aus­schrei­bun­gen ver­traut ist, war klar, dass er die refe­ren­zier­ten Teil­leis­tun­gen alle selbst erbracht haben muss, wenn er die aus­ge­schrie­be­ne Leis­tung – so wie hier – in Eigen­leis­tung anbietet.

Dies begrün­det das Gericht mit dem Sinn und Zweck von Refe­ren­zen nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV. Die­se sol­len als Beleg für die tech­ni­sche und beruf­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit des Bie­ters die­nen, anhand des­sen der Auf­trag­ge­ber fest­stel­len will, ob der poten­ti­el­le Auf­trag­neh­mer Erfah­run­gen auf dem Gebiet der nach­ge­frag­ten Leis­tung hat und ob er in der Lage sein wird, den Auf­trag auch tat­säch­lich durch­zu­füh­ren. Dafür muss die refe­ren­zier­te der aus­ge­schrie­be­nen Leis­tung so weit ähneln, dass sie einen trag­fä­hi­gen Rück­schluss auf die Leis­tungs­fä­hig­keit des Bie­ters für die aus­ge­schrie­be­ne Leis­tung ermög­licht. Um die­sen Zweck erfül­len zu kön­nen, muss die durch die Refe­ren­zen attes­tier­te Leis­tungs­fä­hig­keit grund­sätz­lich in der Per­son des sich unmit­tel­bar am Ver­fah­ren betei­li­gen­den Wirt­schafts­teil­neh­mers vor­lie­gen; Refe­ren­zen sind also per­so­nen-/un­ter­neh­mens­ge­bun­den.

Dem­ge­gen­über tau­gen Refe­ren­zen, die auf die Tätig­keit ande­rer Unter­neh­men zurück­grei­fen, nicht zum Eig­nungs­nach­weis des Bie­ters, weil damit gera­de nicht doku­men­tiert wor­den ist, dass sich der kon­kre­te Bie­ter auch wirk­lich hin­sicht­lich der nach­ge­frag­ten Leis­tung am Markt bereits bewährt hat. Mit ande­ren Wor­ten müs­sen die Refe­ren­zen die gefor­der­te Leis­tung so spie­geln, wie sie der Bie­ter anbie­tet: Wird die Leis­tung voll­stän­dig als eige­ne ange­bo­ten, ohne dass der Bie­ter sich bezüg­lich bestimm­ter Leis­tungs­tei­le auf einen Nach­un­ter­neh­mer beruft, dann muss er im Rah­men der Refe­ren­zen auch alle wesent­li­chen Leis­tungs­tei­le in eige­ner Per­son erbracht haben.

Im vor­lie­gen­den Fall gehör­te damit dazu nicht nur die Über­nah­me und Ver­wer­tung, son­dern auch das Sor­tie­ren von Alt­tex­ti­li­en. Refe­renz­auf­trä­ge, bei denen Nach­un­ter­neh­mer die Sor­tie­rung von Alt­tex­ti­li­en aus­ge­führt haben, bie­ten mit­hin nicht die Gewähr, dass die Bei­gela­de­ne Sor­tier­leis­tun­gen auch selbst ord­nungs­ge­mäß erbrin­gen kann.

Somit ist die mate­ri­el­le Eig­nungs­prü­fung ver­ga­be­rechts­wid­rig erfolgt. Die Antrags­geg­ne­rin hat die Leis­tungs­fä­hig­keit der Bei­gela­de­nen bejaht, obwohl sie kei­ne Kennt­nis davon hat, ob die in den Refe­ren­zen genann­ten Sor­tier­leis­tun­gen vom Bie­ter eigen­stän­dig erbracht wur­den oder nicht. Damit hat die Antrags­geg­ne­rin den ihr zuste­hen­den Beur­tei­lungs­spiel­raum über­schrit­ten und inso­weit die mate­ri­el­le Eig­nungs­prü­fung zu wiederholen.

Fazit

Das OLG Düs­sel­dorf hat deut­lich gemacht, dass es dar­auf ankommt, ob die refe­ren­zier­te Leis­tung durch den Bie­ter selbst oder durch einen Nach­un­ter­neh­mer erfolgt ist. Auf das blo­ße Ver­trags­ver­hält­nis des Bie­ters als Refe­renz­auf­trag­neh­mer mit etwa­igen Nach­un­ter­neh­mern soll es nicht ankom­men, son­dern auf die tat­säch­li­che ope­ra­ti­ve Leis­tungs­er­brin­gung. Das erscheint vor dem Sinn und Zweck der Refe­ren­zen zunächst nahe­lie­gend. Die­se stren­ge Sicht­wei­se birgt aber auch prak­ti­sche Schwie­rig­kei­ten, da es bis­her nicht üblich war, im Rah­men der Abfra­ge einer Refe­renz­lis­te nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV auch den Umfang der soge­nann­ten Eigen­leis­tung zu erfra­gen. Inso­fern regelt die vor­ste­hen­de Norm allein die Anga­be des Auf­trags­wer­tes, des Lie­fer- bzw. Erbrin­gungs­zeit­punk­tes sowie die Benen­nung des Leistungsempfängers.

Für öffent­li­che Auf­trag­ge­ber bedeu­tet die­se Ent­schei­dung nun­mehr, dass sie im Rah­men der Eig­nungs­prü­fung ver­stärkt dar­auf zu ach­ten und zur Klar­heit bereits in den Ver­ga­be­un­ter­la­gen die Infor­ma­tio­nen abzu­fra­gen haben, ob die Refe­ren­zen dem ent­spre­chen, was der jewei­li­ge Bie­ter auch ange­bo­ten hat. Bie­ter sind gehal­ten ihr Augen­merk auf die Leis­tun­gen bzw. deren Kern­ele­men­te zu rich­ten, die der Refe­renz zugrun­de gelegt wer­den sol­len und dar­auf, ob sie mit der ange­bo­te­nen Leis­tung über­ein­stim­men. Es genügt dabei gera­de nicht, wenn der Bie­ter zwar Auf­trag­neh­mer des Refe­renz­auf­tra­ges ist, aber Kern­ele­men­te der Auf­trags­leis­tung an einen Nach­un­ter­neh­mer ver­ge­ben hat. Inso­weit besteht jedoch die Mög­lich­keit, sich im Rah­men der Eig­nungs­lei­he auf die tech­ni­sche und beruf­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit und somit die Refe­ren­zen des Nach­un­ter­neh­mers zu beru­fen. 

Nicht geäu­ßert hat sich der Ver­ga­bes­e­nat zu der Fall­ge­stal­tung, in wel­cher der Bie­ter zwar einen Nach­un­ter­neh­mer im Refe­renz­auf­trag ein­ge­schal­tet hat, er aber sozu­sa­gen spie­gel­bild­lich nun­mehr eben­falls gedenkt, den Auf­trag unter Ein­satz eines Nach­un­ter­neh­mers erbrin­gen zu las­sen. Im Zwei­fel wäre auch in die­sem Zusam­men­hang vor­sorg­lich eine Eig­nungs­lei­he in Betracht zu zie­hen. Wird aller­dings von dem Auf­trag­ge­ber im Rah­men der Eig­nungs­lei­he gefor­dert, dass das eig­nungs­ver­lei­hen­de Unter­neh­men die Leis­tung auch selbst erbrin­gen muss, wird in der Regel auf­grund des § 47 Abs. 1 S. 3 VgV eine soge­nann­te Know-How-Lei­he nicht als aus­rei­chend ange­se­hen, son­dern das eig­nungs­ver­lei­hen­de Unter­neh­men muss die Leis­tung dann selbst ope­ra­tiv erbrin­gen. 

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