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UMWELT

Nitrat­kla­ge der Deut­schen Umwelt­hil­fe abgewiesen

By 25. Januar 2024No Comments

Man­dan­ten­in­for­ma­ti­on 02/2024

Die Deut­sche Umwelt­hil­fe ist mit einer Kla­ge gegen die gel­ten­den dün­ge­recht­li­chen Rege­lun­gen des Bun­des vor dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter in ers­ter Instanz geschei­tert. Die Kla­ge wur­de mit Urteil vom 25.01.2024 abge­wie­sen, weil die Deut­sche Umwelt­hil­fe die im Kla­ge­ver­fah­ren gel­tend gemach­ten Ein­wän­de gegen die 2017 und 2020 novel­lier­te Dün­ge­ver­ord­nung nicht recht­zei­tig vor­ge­bracht hatte.

Mit Urteil vom 25.01.2024 hat der 20. Senat des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Müns­ter eine Ver­bands­kla­ge der Deut­schen Umwelt­hil­fe gegen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land abge­wie­sen. Mit die­ser Kla­ge woll­te die Deut­sche Umwelt­hil­fe eine wei­te­re Ver­schär­fung der dün­ge­recht­li­chen Rege­lun­gen in Deutsch­land erzwingen.

Mate­ri­ell-recht­li­cher Hin­ter­grund der Kla­ge ist eine EU-Richt­li­nie aus dem Jahr 1991, die Deutsch­land ver­pflich­tet, Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen durch Nitrat aus land­wirt­schaft­li­chen Quel­len zu ver­rin­gern und sol­chen Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen vor­zu­beu­gen (sog. Nitra­t­richt­li­nie). Die Fra­ge, ob Deutsch­land die­se Richt­li­nie aus­rei­chend umge­setzt hat, war wie­der­holt Gegen­stand von Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen der Bun­des­re­gie­rung und der EU-Kom­mis­si­on. Dies führ­te in jün­ge­rer Zeit mehr­fach zu Ver­schär­fun­gen der dün­ge­recht­li­chen Rege­lun­gen; ins­be­son­de­re wur­de in den Jah­ren 2017 und 2020 die Dün­ge­ver­ord­nung novel­liert. Die EU-Kom­mis­si­on stell­te das zuletzt gegen Deutsch­land wegen der Ver­let­zung der Nitra­t­richt­li­nie geführ­te Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren im Juni 2023 ein. 

Trotz die­ser Ver­schär­fun­gen hält die Deut­sche Umwelt­hil­fe die dün­ge­recht­li­chen Rege­lun­gen des Bun­des nach wie vor für unzu­rei­chend und hat daher bereits im Jahr 2018 gegen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land geklagt. Gerich­tet war die Kla­ge als soge­nann­te all­ge­mei­ne Leis­tungs­kla­ge auf eine Ände­rung des von Deutsch­land nach der Nitra­t­richt­li­nie auf­zu­stel­len­den Natio­na­len Akti­ons­pro­gramms, des­sen wesent­li­cher Teil die Dün­ge­ver­ord­nung ist. In der Sache woll­te die Deut­sche Umwelt­hil­fe so eine erneu­te Ände­rung der Dün­ge­ver­ord­nung erzwin­gen. 

Grund­la­ge der Kla­ge war eine eben­falls 2017 – nahe­zu zeit­gleich mit der novel­lier­ten Dün­ge­ver­ord­nung – in Kraft getre­te­ne Neu­re­ge­lung des Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­set­zes, mit der erst­ma­lig eine Ver­bands­kla­ge­mög­lich­keit gegen Plä­ne und Pro­gram­me, die einer stra­te­gi­schen Umwelt­prü­fung (SUP) bedür­fen, gesetz­lich vor­ge­se­hen wur­de. Bei dem Natio­na­len Akti­ons­pro­gramm nach der Nitra­t­richt­li­nie han­delt es sich um ein sol­ches Programm.

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter, das für die Kla­ge der Deut­schen Umwelt­hil­fe erst­in­stanz­lich zustän­dig war, hat die Kla­ge auf die­ser Basis zwar für zuläs­sig erach­tet, im Ergeb­nis aber als unbe­grün­det ange­se­hen. Es ist in sei­ner Ent­schei­dung der Argu­men­ta­ti­on der von okl & part­ner ver­tre­te­nen Bun­des­re­pu­blik inso­weit gefolgt, als es die von der Deut­schen Umwelt­hil­fe gel­tend gemach­ten Ein­wän­de als prä­klu­diert ange­se­hen hat. Denn § 7 Abs. 3 Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­setz bestimmt, dass ein Umwelt­ver­band, der im Ver­fah­ren zur Auf­stel­lung SUP-pflich­ti­ger Plä­ne oder Pro­gram­me Gele­gen­heit zur Äuße­rung gehabt hat, in einem spä­te­ren gericht­li­chen Ver­fah­ren mit allen Ein­wen­dun­gen aus­ge­schlos­sen ist, die im Auf­stel­lungs­ver­fah­ren nicht oder nicht recht­zei­tig gel­tend gemacht wur­den, aber hät­ten gel­tend gemacht wer­den kön­nen. Das mit der Pro­zess­ver­tre­tung im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren beauf­trag­te okl-Team, das die Bun­des­re­pu­blik bereits erfolg­reich gegen die Green­peace-Kli­ma­kla­ge ver­tei­digt hat­te, argu­men­tier­te, dass die­se Rege­lung hier ein­grei­fe, weil die Deut­sche Umwelt­hil­fe im Zuge der Ände­run­gen der Dün­ge­ver­ord­nung von 2017 und 2020 nur sehr pau­scha­le Ein­wän­de erho­ben hat­te. Die­ser Auf­fas­sung hat sich das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter in sei­nem Urteil angeschlossen.

Nach der Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Müns­ter steht der Anwend­bar­keit der Prä­k­lu­si­ons­re­ge­lung weder ent­ge­gen, dass die Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung im Zuge der Novel­le der Dün­ge­ver­ord­nung von 2017 bereits vor Inkraft­tre­ten die­ser Rege­lung durch­ge­führt wur­de, noch teil­te das Gericht die uni­ons­recht­li­chen Beden­ken, die von der Kanz­lei Geu­len & Klin­ger, die die Deut­sche Umwelt­hil­fe ver­tre­ten hat, vor­ge­bracht wur­den. Ins­be­son­de­re ord­net das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter das Natio­na­le Akti­ons­pro­gramm nach der Nitra­t­richt­li­nie nicht der stren­gen völ­ker­recht­li­chen Gewähr­leis­tung einer Ver­bands­kla­ge­mög­lich­keit nach Art. 9 Abs. 2 der Aar­hus-Kon­ven­ti­on zu, son­dern Absatz 3 die­ser Rege­lung, wel­cher den Ver­trags­staa­ten grö­ße­re Spiel­räu­me bei der Schaf­fung von Prä­k­lu­si­ons­re­ge­lun­gen wie § 7 Abs. 3 Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­setz einräumt.

Ent­schei­dend war für das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter somit, ob die von der Deut­schen Umwelt­hil­fe im Rah­men der durch­ge­führ­ten Öffent­lich­keits­be­tei­li­gun­gen abge­ge­be­nen Stel­lung­nah­men den inhalt­li­chen Anfor­de­run­gen genüg­ten. Dies wur­de im Ergeb­nis ver­neint. In die­sem Zusam­men­hang wies das Gericht bei der Urteils­ver­kün­dung zutref­fend dar­auf hin, dass den Umwelt­ver­bän­den gera­de wegen der dort vor­han­de­nen Exper­ti­se eine beson­de­re pro­zes­sua­le Stel­lung ein­ge­räumt sei. Von ihnen dür­fe des­halb erwar­tet wer­den, dass sie die­se Exper­ti­se im Rah­men der Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung auch einbringen.

Das Urteil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Müns­ter ist noch nicht rechts­kräf­tig. Die Deut­sche Umwelt­hil­fe kann gegen die­se Ent­schei­dung Revi­si­on beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ein­le­gen, die wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung des Ver­fah­rens zuge­las­sen wurde.

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